In der Erdgeschossebene des neuen Bettenhauses des Zentralklinikums Suhl wurde ein Andachtsraum als separater, aus Stampflehm gefertigter Baukörper realisiert. Durch eine eigenständige, skulpturale Formen- und Materialsprache hebt er sich vom Rest des Krankenhauses ab und bietet eine schützende Hülle für Besinnung, Andacht und Begegnung und wird auch kirchlich genutzt.
Seine besondere Grundrissform erinnert abstrahiert an ein Ei. Aus dieser äußeren Form entwickelt sich eine Spirale, die als Labyrinth den Weg des Lebens symbolisieren soll. Die Wände der Spirale bilden einen Wandelgang, der vom „Raum der Stille“ in ihrem Kern über den „Raum der Begegnung“ nach außen in das in diesem Bereich in Stützen aufgelöste Erdgeschoss des Bettenhauses führt. Eine leichte Neigung des Fußbodens verstärkt den Eindruck des Hinein bzw. Hinausgehens.
Drei raumhoch verglaste Wandöffnungen in dem äußeren Spiralring lassen natürliches Licht in den „Raum der Begegnung“. Eine ebenfalls raumhohe Wandöffnung im inneren Spiralring, die in einer Achse mit der mittleren der drei äußeren Wandöffnungen liegt, erhellt den Zentralraum. Diese Längsachse des Baukörpers wird durchkreuzt von der Querachse, die von den beiden anderen Öffnungen gebildet wird. Durch das sich ergebende Lichtkreuz erhält der Baukörper einen den ganzen Tag über sich verändernden Lichteinfall.
Die Wände des Labyrinths wurden mit unterschiedlichen Krümmungsradien vom Kern nach außen entwickelt, die wiederum mit den Wandstärken korrespondieren: die stärker gekrümmten Bereiche weisen Wandstärken bis ca. 1,70 m auf, die schwächer gekrümmten von etwa 45 cm. Die Realisierung in Stampflehm erfolgte daher mit Hilfe gebogener Schalungsplatten. In die Bereiche mit den größten Wandstärken sind Aussparungen zur Aufnahme technischer Ausrüstungen eingelassen. In die Stampflehmwände sind ebenfalls die Stahlbetonstützen der allgemeinen Tragstruktur des Bettenhauses eingebunden, die an dieser Stelle vom Raster abweichen.
Der Fußboden des Wandelgangs wurde ebenfalls in Stampflehm ausgeführt und neigt sich leicht nach innen in Richtung Zentrum des Andachtsraums, sowohl entlang der Lauflinie des Wandelgangs als auch im Querprofi l. Die Fußböden der beiden durch den Wandelgang verbundenen Räume der „Begegnung“ und „Stille“ sind in diese Neigung einbezogen. Über eine Gesamtlänge des Wandelgangs von etwa 47 m vom tiefsten Punkt im „Raum der Stille“ bis auf das Niveau der Ebene des Erdgeschosses wird eine Höhendifferenz von 1 m überwunden, was einem Gefälle von 2 % entspricht. Dies wurde durch variable Höhen der Unterbettung erreicht.
Vom Bauablauf her konnte der Baukörper erst nach der Fertigstellung des Stahlbetonrohbaus vom Bettenhaus begonnen werden. Es war daher technisch nicht möglich die Wände in Stampflehm über die volle Geschosshöhe bis unter die Decke auszuführen. Aus diesem Grund wurde die Mauerkrone, etwa die obersten 70 cm, aus Lehmsteinen gebaut. Dieser Bereich, wie auch die Stürze der raumhohen Wandöffnungen, ist durch eine abgehängte Decke aus Lehmplatten verdeckt.
Eine derart komplizierte Geometrie, sowohl was die Wände als auch den Fußboden betrifft, lässt sich nur mit einem Material wie Stampflehm realisieren.